Am Samstag war schönes Wetter angesagt, und ich wollte so gerne mal wieder in den Birkholzgrund. Eine besonders schöne Stelle mitten in unserem Wald mit vielen Eichen, Buchen und Lärchen. Vor Zeiten stand dort mal ein Teerofen und später eine Försterei. Geblieben sind Reste von Ruinen und eine romantische Waldlichtung.
(Auf dem Bild der Birkholzgrund am 07.10.07)
Mein Grauschimmel (das Winterfell ist wieder recht dunkel geworden) hat sich in letzter Zeit akzeptabel aufgeführt, genügend Kondition müßte nach 5 Monaten unter dem Sattel auch da sein, und so wollte ich diesen etwas längeren Ausritt wagen. Das Reittier "guckte komisch" als ich mein Sattelzeug zum Stall brachte. Wie ich dann mit dem Halfter in der Hand den Auslauf betrat war kein Schimmelchen mehr zu sehen. Sie hatte sich zwischen größeren Genossen "versteckt". Aber ich umrundete den Traber, der anscheinend gerne mit mir mitkommen wollte, um dann den Schimmel zu "entdecken". Putzen, Satteln, u.s.w. endlich konnte es losgehen. Mir war jetzt schon warm und ich würde noch richtig ins Schwitzen kommen, denn die warmen Unterhosen und der Wollpullover waren vielleicht doch nicht so ganz dem schönen Wetter angemessen. Zuerst aber zu Fuß über die Straße, und es würde nicht der letzte Fußmarsch bleiben, denn durch den Birkholzgrund werde ich das Pferd auch führen. Der Weg ist dort sehr grob geschottert, nichts für unbeschlagene Hufe.
Beim Gelände des örtlichen Jagdvereins stehen sehr viele Autos, Kinder spielten Hunde bellten, großes hin und her. Sicherlich eine Feier dachte ich mir und grüßte den netten Förster (oder Jäger?) der gerade zu seinem Auto ging. Nun aber aufs Pferd und ab in den Wald. Zuerst der Kiefernwald mit seinen Sandwegen in dem wir regelmäßig reiten, dann ab ins "Laubdichten-Gestell" (Jawoll so heiß es und so ist es auch). Natürlich konnte sich mein Pferd nicht verkneifen nachzufragen, ob es wirklich mein ernst ist diesen Weg einzuschlagen und nicht, wie immer, geradeaus weiterzugehen? Das Pferd paßt auf, es könnte ja sein, das Frauchen sich in der Richtung irrt! Trab und Galopp, dann wieder Trab, wunderschön gleichmäßig und raumgreifend. An der Seite die Reste des Baumes über den der Traber damals gesprungen ist, wie lange war ich nicht mehr hier! Gleich muß Dammwild kommen, hier ist immer Dammwild, und tatsächlich, zwei Muttertiere mit Jungen kreuzen unseren Weg. Meinen Grauschimmel interessiert das alles wenig, weder Wild noch Gestrüpp oder Baumstämme. Etwas unheimlich scheint ihr aber der Bodenbelag zu sein. Wir traben über eine dicke Laubschicht, das kennt sie noch nicht, es raschelt. Ich halte sie in der Mitte der Fahrspur, so kann sie nicht in der Fahrrinne in durchs Laub verdeckte Pfützen treten. Langsam kommt der Kopf des Pferdes entspannt nach unten, sie streckt sich, der Trab immer noch gleichmäßig. Auch meine Muskeln melden sich, also Schritt. Das Durchparieren müssen wir noch üben, sie bremst wie ein Schiff. Nun schwitze ich richtig. Kurzer Kontrollgriff an den Hals des Pferdchens, auch dort deutliche Wärme. Wir bummeln weiter durchs Laub, vorbei an einer zerfallen Hütte, großen Birken und Tannen. Vor uns liegt ein alter breiter Weg, das "Mutzer-Gestell", hier können gut zwei Autos nebeneinander fahren. Tun sie aber nicht. Er ist unbefestigt löchrig, voller Laub. Der Wald an den Seiten ungewohnt hell, denn die Laubbäume sind um diese Jahreszeit kahl. Noch nie war ich im November an dieser Stelle im Wald. Ein Stück können wir noch traben immer schön im Slalom um die Löcher, aber dann beginnen die Befestigungen. Hier steht auch ein PKW mit Anhänger, also sind doch noch Jäger unterwegs. Ich steige ab, und führe mein Pferd. Vor wenigen Monaten waren hier am Wegesrand noch hohe Holzstapel, nun sind sie alle abgefahren. Ich genieße den freien Blick durch die kahlen Laubbäume, auf die Waldlichtung. Bald ist die schlechte Wegstrecke geschafft. Waren hier nicht oft Wildschweine? Heute kann ich nichts entdecken, nur wieder Dammwild. Also ab in den Sattel und weiter. Der Grauschimmel ist der Meinung nun könnte es mal wieder schneller gehen. Aber vor uns sehe ich schon wieder einen PKW mit Anhänger, so bleibt es erstmal beim Schritt. Hinter den PKW ein Hochstand und freie Sicht, nun könnten wir wieder traben, als mich plötzlich mit ruhiger Stimme jemand anspricht: "Hallo junge Frau." ich fühle mich geehrt und halte Ausschau nach dem Kavalier, den ich dann auf dem Hochstand entdecke. Das hatte ich auch noch nicht, ein Hochstand der besetzt ist! Der ältere Herr reckt sich aus seinem Versteck und blickt auf uns herab. Mein Traber hätte einen Herzinfakt bekommen vor Schreck. Der Schimmel bleibt cool, super Pferdchen! "Wissen sie denn nicht, das hier eine Treibjagd ist?" "Treibjagd?" ich gucke erschrocken ins Gebüsch "Wo sind denn die Treiber?" "Jetzt haben wir uns alle auf Ansitze verteilt." "Aha, woher soll ich wissen das hier eine Treibjagd ist? Im vergangenen Jahr standen Schilder, da bin ich dann auch nicht langgeritten!" Dem Schimmel ist unser Gespräch langweilig und er nimmt auf eigene Faust einen Weg unter die Hufe. "Nicht dort entlang!" schallt es erschrocken aus dem Hochstand. Ist wahrscheinlich die freie Schneise in der er das Wild erwartet. "Am besten sie reiten wieder zurück und dann den schwarzen Weg." Das werde ich nicht tun, denn dieser Weg ist sehr nass und schlecht und gerade dort hatte ich ja den anderen PKW gesehen. Außerdem beschleicht mich der Verdacht, das er von dort das Wild erwartet, ich also quasi als Treiber fungieren soll. Nach einigem hin und her einigen wir uns auf einen ungefährlichen Weg, auf dem ich auch nach hause komme. Es wird auch höchste Zeit, denn abgelenkt durch das Gespräch habe ich mich in meine Zügel verheddert und das Pferd nicht mehr so recht unter Kontrolle. Ist ja auch aufregend, Treibjagd! Und wir mittendrin! Unser Start fällt spritzig aus und auf dem Weg in sichere Gefilde knallt es zweimal in der Nähe. Sicher die Jagdgenossen unseres neuen Bekannten. Bald sind wir aus der angeblichen Gefahrenzone und können den Wald wieder im Schritt genießen. Das Pferd schlägt immer wieder Trab vor, ich muß es durchparieren, es wird noch eine Weile dauern, bis sie akzeptiert, das es langsam nach hause geht. Das letzte Stück steige ich wieder ab und lockere den Sattelgurt. Sie ist immer noch nass, vor allem an Hals und Brust. Auch ich bin durchgeschwitzt, da zu warm angezogen. Als wir zu hause ankommen stelle ich den Schimmel zu den anderen Pferden in den Auslauf und bürste, nachdem ich mich umgezogen habe, das inzwischen trockene Fell kräftig durch. Sie genießt es, so wie ich den Ausritt genossen habe. Es war ein schöner Tag im trüben Nebelherbst dieses Jahres.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen