Mittwoch, 19. November 2008

Hufschutz für Freizeitpferde - Hufschuhe




Ein Thema an dem sich die Gemüter erhitzen.
Ich kenne bei uns im Dorf Pferde, die nur auf Koppel stehen und trotzdem mit Eisen beschlagen sind. Das ist aber sicher nicht die Regel. Die meisten Freizeitpferde gehen barfuß. Eine Bekannte klagte mir ihr Leid über die schlechten Hufe ihrer Araberstute, bei näherer Betrachtung stellte sich dann heraus, das diese „schlechten Hufe“ auch auf einem 10 tägigen Barhuf-Wanderritt ohne Probleme ihren Dienst taten. Es ist also eine Glaubensfrage was schlechte und was gute Hufe sind. Wie das obige Beispiel zeigt vom jeweiligen vierbeinigen aber auch dazugehörigen zweibeinigen Individuum abhängig.
Unsere Traber haben kleine, enge, harte Hufe und damit schon so manchen Hufpfleger zur Verzweiflung gebracht. „Wie Stein!“ wird oft schwitzend festgestellt. Aber das sagt noch nichts zur Empfindlichkeit. Der eine ist geradezu kitzlig an den Hufen. Es hat eine Weile gedauert, bis er den Pinsel mit dem Pflegemittel am Huf duldete. So wie der Pinsel die Hornwand berührte, riß er erschrocken das Bein hoch. Heute wenden wir solche Pflegemittel nur noch selten an. Grund ist aber nicht die Kitzligkeit, das hat sich bald gegeben, sondern die Tatsache, das die positive Wirkung von Fetten auf die Hornqualität umstritten ist. Nur bei nassem Strahl verwenden wir ein Präparat auf Kupfersulfat-Grundlage an der Hufsohle, welches den Strahl austrocknen soll. Aber auch hier der Widerstreit der Ansichten. Obige Bekannte schwört bei gleichen Symptomen auf Buchenholzteer. Alle Überzeugungsversuche, das dadurch die Fäulniss eingeschlossen und schlimmer wird (Erklärung unseres Hufschmieds), hat ihr Hufschmied gegenteilige Argumente entgegenzusetzen.
Aber auch Traberhufe zeigen bei fleißigem Reiten und Kutschieren Abnutzungserscheinungen, was sich als „Fühligkeit“ offenbart. Das Pferd geht auf hartem unebenen Boden mehr oder weniger Lahm. Was nun? Zum ersten Mal mußten wir 2005 darüber nachdenken. Beschlag mit Eisen war nicht möglich, da auf der Koppel noch ein Junghengst stand und wir nicht riskieren wollten, das er bei Rangeleien durch die Eisen der anderen verletzt wird. Nach einigem hin und her, auch in Richtung Hufschuhe, entschieden wir uns für einem Kunststoffbeschlag. Wir bestellten die Plastiks, Nägel und Werkzeug im Internet. Großes Problem war die richtige Größe. Auch die auf diesem Gebiet völlig unerfahrenen Hufschmiedin konnten wir überzeugen. Das Beschlagen des kitzligen Pferdes kostete einige Nerven und am nächten Tag mußte ein Hintereisen nochmal aufgeschlagen werden, aber dann war alles optimal. Der erste Ausritt mit den Plastikeisen hat das Pferd und mich voll überzeugt. Er konnte endlich wieder richtig hintreten. Und bedankte sich mit einigen Freudenbucklern. Das Vergnügen währte 6 Wochen, dann mußte der Beschlag herunter, nicht weil er abgenutzt war, man hätte die Plastiks nochmal verwenden können, sondern weil wir die Größe "genau" angepaßt hatten und die Hufe sich irgendwie im hinteren Bereich über den Rand der Plastiks geweitet hatten. Inzwischen war es auch Herbst und die Pferde konnten erst mal wieder barfuß gehen.
Probleme traten mit dem Kutschpferd (der kitzlige Kandidat) erst wieder im Herbst 2007 auf. Er ging im Trab auf einem Bein unsauber, der Tierarzt konnte nichts finden. Der Tip meines Herzblatts: „Er braucht Hufschutz, er ist so empfindlich an den Hufen.“ Wie wahr! Obwohl ich zuerst nicht davon überzeugt war und eher auf Sehne oder Gelenk tippte. Nun fahren wir im Winter nicht Kutsche, gehen aber zum Fahrerstammtisch. Dort hörten wir von ähnlichen Problemen bei anderen Fahrern, die diese mit Hufschuhen gelöst haben. Für Freizeitfahrer ist ein Eisenbeschlag oft zu aufwendig. Verschiedene Hufschuhe waren im Gespräch. Wir entschieden uns für die „Cavallo Simple Boot“ von Krämer, von einem Fahrerkollegen gründlich beim Reiten und Fahren getestet. Auch deshalb, weil sie ohne viel Kraft und Hilfsmittel anzuziehen sind. Als langjährige Loesdau-Kunden, fanden wir die neuen Erfahrungen mit dem Handelshaus Krämer nicht sehr ermutigend, aber die Schuhe gibt es bei Loesdau nicht. Die erste Anprobe an den Pferdehuf währe fast schief gegangen, da das Pferd sich mit dem Hufschuh am Bein aufzuregen begann. Aber wir hatten Glück, der Hufschuh blieb bei den Kapriolen fest am Fuß und das Pferd beruhigte sich wieder. Nun probierten wir auch das andere Bein und amüsierten uns über den gestelzten Gang des Pferdes, das sich mit den neuen Ausrüstungsgegenständen anzufreunden begann.
Wir haben ihn langsam erst an der Longe, dann im Wagen auf immer längeren Touren an die Schuhe gewöhnt. Nun trägt er sie auf allen 4 Beinen in Verbindung mit Neoprenmanschetten sogenannten „Pastern Wraps“, die das Eindringen von Steinen von oben in den Hufschuh verhindern sollen. Er geht wieder sauber und zufrieden, hat aber besonderen Spaß, wenn er zwischendurch mal ohne Hufschuhe gefahren wird.
Ich denke in der Endkonsequenz sind Hufschuhe für den Freizeitfahrer preisgünstiger als Beschlag. Sie sind aber auch aufwendiger. Einmal durch das Anziehen vor jedem Fahren, was bei den Cavallo Simple Boot wirklich einfach ist und keine Kraft braucht, aber doch Zeit und Sorgfalt, was dann auch schweißtreibend sein kann. Zweitens durch die notwendige Pflege der Schuhe, die größtenteils aus Leder sind. Am Huf halten die Schuhe bombenfest, da unser Pferd gelegentlich in die Vorderhufe tritt (schmiedet) mußte der Schuster einige Nähte verstärken.
Anders als die Hufe der Traber sind die meiner Araberstute, breit, flach und weich. Kein Hufschmied der über das steinharte Hufhorn flucht, aber eine Besitzerin, die den Hufschmied anfleht, nicht so viel wegzunehmen, da das Pferd nach dem Ausschneiden regelmäßig fühlig geht. Nun sollte sie Reitpferd werden und ich beschloß die gleichen huffestigenden Maßnahmen anzuwenden, die sich schon bei meinem Reittraber bewährt hatten, so viel wie möglich auf glattem Beton oder Verbundpflaster (kein Kopfsteinplaster oder groben Schotter) im Schritt (und auch erst mal ohne Reiter) zu laufen. Das bietet sich bei uns auf dem Weg von und zur Koppel an. Hufe wachsen, sind lebende Materie und passen sich dem Boden an auf dem sie benutzt werden. Wenn das Pferd nur auf der Weide auf weichem Boden steht, reicht ein weicher Huf. Bei dosierter Bewegung auf hartem Untergrund wird auch das Horn härter.Vorige Woche habe ich mit die Hufe dann mal mit der Raspel in der Hand genauer angesehen. Einige Unebenheiten am der äußeren Tragrand der Hornwand mußte ich glattfeilen, ansonsten hat sich das Horn eindeutig gebessert, nichts ist ausgebrochen, alles gleichmäßig abgelaufen, demnächst muß der Hufschmied mal wieder den Strahl pflegen, wie bei den anderen Pferden auch.
Ob ich, wenn die Notwendigkeit irgendwann bestehen sollte, bei ihr Hufschuhe oder Plastiks verwende, muß abgewartet werden. Da sie zierlich ist vielleicht Plastiks, die sind leichter. Dagegen spricht der Kostenfaktor eher für Hufschuhe.
Übrigens ziehen die Hufschuhe alle Aufmerksamkeit auf sich, wenn wir mit der Kutsche durch benachbarte Dörfer fahren. Sie fallen den Einheimischen sofort ins Auge. Wir sehen sie schon garnicht mehr, da wir daran gewöhnt sind, aber Fremde sind immer ganz begeistert. Wenn wir wieder mal Anspannen stell ich Bilder ein.

Keine Kommentare: