Seit 5 Jahren, seit es das neue Waldgesetz in Brandenburg gibt, reite ich nun im Wald kreuz und quer (natürlich auf den vorgegebenen 2-spurigen Wegen - Dank an alle Jäger und Förster die diese in Ordnung halten). Wild in rauhen Mengen (wie man hierzulande sagt). Seit 3 Jahren traue ich mich auch in den "tiefen Wald" also mitten in das ca. 10 x 10 km große Gebiet. Funkempfang per Handy kann man dort vergessen. Meist trage ich eine Warnweste. So ist die Chance größer, das ich gefunden werde, falls ich doch mal im Gebüsch lande, und mein "Fury" keine Hilfe holt. Zu Anfang war Wild für meinen Traber stets ein Ereigniss. Vor allem wenn es trotz "Pfeiffen" von Frauchen sich nicht aus dem Staub machte. Da kam es schon mal zu super Hinterhandwendungen mit anschließendem Spurt in die Gegenrichtung. Aber das ist lange her. Selbst große Schaufler haben nur noch ein müdes Gähnen zur Folge. Da sind Drahtrollen am Wegesrand oder Nordic-Walker aufregender (weil seltener). Es ist immer wieder erstaunlich wie dicht man auf dem Pferd an Wild herankommt. Nur mit dem Fotografieren hat es noch nicht geklappt, da die elektronische Kamera Geräusche macht, die dem Wild nicht gefallen.
Nur Wildschweinen sind wir noch nicht begegnet. Ich muß sagen glücklicherweise, denn als Kind hat meine Mutter keine Gelegenheit ausgelassen, mich vor meinen Waldwanderungen, vor den gefährlichen Wildschweinen zu warnen. Wenn ich ein Wildschwein sehe, würde nur die Flucht auf einen Baum mein Leben retten. Das Bäumeklettern habe ich dann sicherheitshalber schon mal geübt. Auch im Fernsehen immer wieder Berichte von Wildschweinattacken auf harmlose Spatziergänger. Entsprechende Bilder großflächiger vernähter Wunden an den Extremitäten inklusive. Ich war sicher eine Begegnung mit Schweinen würde mein Roß zu panischer Flucht veranlassen, ich im Dreck landen und von den Schweinen angegriffen werden ... .
Gestern war es nun so weit. Nach 45 min und 2 schönen langen Trab-Galopp-Strecken waren wir am tiefsten Punkt des Waldes. Nun wollte ich mich im Schritt erholen und die Natur genießen, als es plötzlich neben mir grunzte !!! Ein Blick zur Seite, ca 7 m neben dem Weg ein großes schwarzes Schwein grunzend mit erhobenen Kopf und erhobener Rute (heißt das so ?)sich langsam im Schritt vom Weg weg bewegend. Mein Herz rutschte in die Hose, das Schwein bewegte sich aber von uns weg, das war positv. Mein Traber seelenruhig im Schritt. Ein weiterer Blick in den Wald und ich entdeckte ca. 3-4 schwarze Berge, die sich langsam entfernten. Immer noch aufgeregtes Grunzen. Dann die Ursache für die Aufregung direkt neben dem Weg vor uns, ein kleines braunes Bündel (sprich Frischling) welcher sich dem allgemeinen Rückzug nicht angeschlossen hatte, da er wahrscheinlich geraden einen wunderschönen Wurm ausgrub. Na toll dachte ich, wenn die Mama durchzählt und einer fehlt, oder das Kleine uns sieht, erschrickt und losquieckt sind wir dran. Und was ist mit meinem Renner los? Ist er blind, taub oder beides? Mein Pferd war immer noch ganz ruhig in der allgemeinen Aufregung (mich eingeschlossen) und marschierte im gemütlichen Schritt, als gäbe es gar keine Schweine, den Weg entlang. Also ergriff ich die Initiative und beschloss aus Sicherheitsgründen das Tempo etwas zu erhöhen falls die Stimmung umschlägt und wir plötzlich angegriffen werden. "Terrrab mein Guter" "Gerne Frauchen" nur das Tempo in dem er loslegte überzeugte mich davon das er die Schweine auch gesehen hatte, denn mein Pferd trabte langsam und aufmerksam, nicht das schnelle Tempo was ich sonst von ihm kenne. Nach dem Motto vor euch blöden Schweinen rennen wir nicht weg, dieses ist unser normales Reisetempo! Ich weiß aber auch, das er sich in ruhigerem Tempo sicherer fühlt, da er besser reagieren kann und mit Sicherheit (Pferde haben ja ein anderes Gesichtsfeld als Menschen und sehen auch was hinter ihnen los ist) hatte er die Wildschweine immer noch im Blick. Nach 200m wurde ein gemütlicher rollender Galopp daraus und 300m später fand ich den Abstand ausreichen (fast hätten wir noch ein Reh umgerannt).
Das war aufregend!!! Habe ich nun das mutigste Pferd des Kontinents oder das dümmste ? Wahrscheinlich hat seine Mutter ihm nicht erzählt, wie gefährlich Wildschweine sind.
Der Rest des Ausritts verlief normal. Zurück im Dorf kam uns ein ganz fürchterlicher Radfahrer mit wehender Jacke entgegen. Schrecklich ... . Als der sich dann aber mit uns zu unterhalten anfing hat sich das Pferd für die unangemessene Aufregung, über einen Radfahrer mit wehender Jacke, quasi bei mir entschuldigt.
Heute fahre ich nun zur Arbeit und erzähle meiner Fahrgemeinschaft, die ebenfalls reitet, von meiner Begegnung mit den Wildschweinen. Toll stellt sie fest. Sie hatte auf ihrem Wanderritt etwas ganz ähnliches erlebt. Ihr Pferd blieb stehen, ein Schwein quiekte und plötzlich waren um sie herum lauter Frischlinge (sie stand mit Pferd quasi mittendrin) die eilends zur Mutter liefen. Nach einem weiteren Quieken entfernte sich die ganze Meute langsam und geordnet. Sie fand das so toll, so ein schönes Erlebnis ... !!!
So unterschiedlich kann man die Welt sehen. Wahrscheinlich geht es ihr wie meinem Pferd, ihre Mutter hat ihr nicht erzählt, wie gefährlich Wildschweine sind und sie kann bestimmt auch nicht auf Bäume klettern.
Was lehrt uns das. Ich kann jedenfalls beruhigter ausreiten, meine Angst vor Wildschweinen ist zum größten Teil unbegründet. Vielmehr sollte ich mich vor Radfahrern oder Nordic-Walkern fürchten (meint zumindest mein Pferd).
Aber soll man nicht auf seine Mutter hören ? Die Frischlinge hören auf ihre Mama, jedenfalls meistens.
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