Gestern habe ich es nun gewagt allein - ohne die ersten 200 m Herrchen Begleitung - mit dem Schimmelchen in die Heide zu reiten. Eigentlich war es ja bereits das 5. mal in der Heide aber diesmal eben ohne Starthilfe. Ich habe mich an das Pferdchen gewöhnt und Vertrauen gefaßt. Sie hat es mir leicht gemacht, ist aber ganz anders, in fast allen Bereichen, als mein Traber. Erschwerend kam dazu, das ich in den letzten 5 Jahren nur auf dem Traber geritten bin und es mir am Anfang nicht leicht gefallen ist, mich auf das andere Pferd einzustellen, welches einen anderen Körperbau, andere Gangmechanik und nicht zu letzt einen anderen Charakter hat, als der Traber.
Nun war es also soweit. Zu Fuß über die Straße, dann noch ein Stück bis zur Pferdekoppel einer Bekannten, wo sich am Weg eine erhöhte Stelle zum Aufsteigen anbietet. Die Pferde der Bekannten kamen erwartungsfroh an den Zaun um das Schauspiel zu beobachten. Da gab es aber keine Probleme. Schwieriger war schon das Losreiten. Mein Schimmel dachte garnicht daran sich von der Stelle zu bewegen. Im Gegenteil, alle meine Bemühungen führten dazu, das sie den Rückwärtsgang Richtung andere Pferde und Elektrozaun einlegte. Was nun ? Die anderen Pferde mitnehmen ging nicht. Zurück wollte ich nicht, geradeaus streikte mein Reittier. Also links über eine kleine Wiese auf den nächsten Weg. Das klappte. Von diesem Weg ging es dann wieder auf den vorherigen und in den Wald. Das nächste Hindernis in Form von schwarzem Matsch, Reste einer Pfütze, tat sich auf. Wieder Streik ! Aber nun gab es keinen Umweg, da mußten wir durch. Was tun ? Erst mal Ruhe bewahren. Das Pferd hatte ja recht, sehr vertrauenswürdig sah der glitschige Untergrund nicht aus. Jeden Schritt vorwärts loben, bis sie dann zügig am Rand (mir schlugen die Sträucher um die Ohren) das Hindernis bewältigte.
Super, bis auf den Nieselregen der nun einsetzte, entgegen aller Prognosen der Wetterfrösche im Fernsehen. Aber was solls, versuchen wir mal Trab. Begeistert war das Schimmelchen nicht. "Du bist ein Araberpferd, und hast gerne zu rennen." erklärte ich schenkeldrückend dem trödelnden Pferd. Zähneknirschen als Antwort. Na gut, dann Galopp. Die Hilfen kann sie, springt auch sofort an und ist nach 3 Galoppsprüngen wieder im Trab. Was solls, dann eben Schritt. Unser letzter Ausritt ist 5 Tage her, davor war auch eine lange Pause, wir sind ja nicht auf der Flucht. Trotz Nieselregen begegnet uns Rotkäppchen mit einem Korb. Den kleinen Plausch über das Wetter nutzt mein Pferd zu einer Inspektion des Korbes. Kein Kuchen, nur Pilze stellt der Schimmel enttäuscht fest und freut sich über eine Streicheleinheit von Rotkäppchen. Vielleicht sollte ich bei meinem nächste Reithelm auch die Farbe Rot wählen um besser gesehen zu werden?
Schon wieder eine Pfütze. Diese ist riesengroß und permanent. Genug Platz an der Seite vorbeizureiten, was wir auch schon 4 mal bei vorherigen Ritten getan haben, aber nicht heute. Steigen, buckeln, Rückwärtsgang. Auch die Umrundung auf der anderen Seite abseits des Weges ist keine Alternative. Also steige ich ab und führe an der Pfütze vorbei. Sie äpfelt aufgeregt, also wahrscheinlich kein Schauspiel, irgendwie ist heute nicht ihr Tag. Ich gurte nach und steige wieder auf. Der nächste Trab klappt besser, aber als ich wieder im Schritt bin stelle ich fest, das sich der Sattelgurt gelockert hat und nur noch durch eine Schlaufe gehalten wird. Da war beim Nachgurten der Dorn nicht richtig im Loch. Scheiße ... Was nun ? Das Absteigen vom Westernsattel ohne Benutzen der Steigbügel ist fast unmöglich durch die hohen Aufbauten (jedenfalls ab 40). Verlagere ich aber Gewicht in einen Steigbügel rutscht der Sattel mit Sicherheit zur Seite und damit unter den Bauch des Pferdes, ich könnte im Bügel hängenbleiben und mein Pferd mit Sattel unter dem Bauch in Panik geraten. Also wieder Ruhe bewahren. Ich halte an und versuche von oben an den Gurt zu kommen, keine Chance. Ich nehme die Füße aus den Steigbügeln und versuche abzusteigen. Geht nicht. Also lasse ich einen Fuß im Steigbügel, stütze mich mit den Händen auf den vorderen Teil des Sattels und nehme den anderen Fuß vorsichtig auf die Kruppe des Pferdes und das Cantle, dann den Fuß aus dem Steigbügel und ohne den Sattel zu verrutschen Abspringen. Das gelingt und ich atme erleicht auf, die Aktion hätte gewaltig schief gehen können. Natürlich wird das Pferd mit Leckerli belobigt. Super, das sie so schön stillgestanden hat bei Frauchens akrobatischen Übungen auf ihrem Rücken. Sie hat mein Vertrauen verdient und eindeutig auch Vertrauen zu mir. Ich zurre den Sattel wieder fest und gehe ein Stück zu Fuß um mich zu beruhigen.
Vor uns Hufspuren, inzwischen bin ich wieder aufgesessen. Die Spuren sehen frisch aus. Sie könnten von gestern oder heute sein. Große Löcher, wahrscheinlich große Pferde. Mein Schimmel beschleunigt den Schritt, Pferde können auch Spuren lesen! Trab lasse ich nicht zu. Dann vor uns auf dem Weg zwei schemenhafte Gestalten, die sich tatsächlich als Reiter entpuppen. Sie biegen rechts ab, da wollen wir auch hin. Unsere Route ist mit Herrchen abgesprochen und daher unveränderlich, denn Handynetz um Änderungen nach Hause mitzuteilen gibt es in der Heide nicht. Da mein Reittier, angesichts von Leidensgenossen, aufgewacht ist sind wir auch im Schritt schnell bei den Reitern. Zwei Frauen aus dem Nachbardorf, denen ich mit ihren Pferden schon ab und an mit meinem Traber begegnet bin. Mit dem Braunen konnte ich problemlos passieren, ob das mit dem Schimmel auch geht ? Die Frauen, oder ihre Pferde, haben uns entdeckt und warten am Wegesrand. Wir begrüßen uns und ich erläutere schnell mein Problem (junges Pferd, kann die Route leider nicht ändern da kein Handynetz, muß hier weiterreiten), währen ich im Schritt passiere. Der Schimmel guckt zwar interessiert, ich auch, aber kein Zögern und keine Ansätze zur Verbrüderung mit der unerwarteten Pferdegesellschaft. "Kein Problem", rufen mir die Reiterinnen zu," wir lassen dir Vorsprung und machen keine Fisimatenten." (O-Ton). Zu Deutsch ich muß nicht befürchten, das sie mich im Galopp überholen. Ich bedanke mich erleichtert, reite im Schritt weiter und baue den Vorsprung im Trab aus. Auf mein Pferd bin ich stolz.
Nun geht es nach Hause und der Schimmel kann plötzlich galoppieren. Je näher die Heimat kommt, je fröhlicher wird mein Pferd. Zum Schluß legt sie noch einen schönen Buckler drauf, aus Protest gegen die Einschränkung des Galopptempos auf der Heimatgeraden, denn ihr ist eingefallen, das sie ein Araber und daher auch Rennpferd ist. Aber sie gehorcht und mäßigt das Tempo.
An dieser Stelle vielleicht interessant, ein schlauer Pferderatgeber empfiehlt dem Pferd beim Buckeln ins Gesicht zu sehen, dann könne man erkennen, am Gesichtsausdruck, ob es Ernst oder Spaß ist, das Buckeln. Ha Ha Ha ...
Sehnsüchtige Rückerinnerung: mein Traber hat auch gern gebuckelt, aber stets zu Beginn des Rittes, aus Freude über den bevorstehenden Ausflug, nie zum Schluß, aus Freude über die Heimkehr. Meine Pferde sind eben grundverschieden.
Um den Tag abzurunden erschien dann noch der böse Wolf. Ob er Rotkäppchen inzwischen gefressen hatte war nicht festzustellen. Als Pferdchen und ich noch überlegten ob er satt ist oder nicht erschien sein Herrchen und rief ihn zu sich.
Alles in allem ein schöner Ausflug. Ich hoffe mit dem Schimmel bald so zu harmonieren, das ich auch wieder die Natur genießen kann. Die Grundlagen sind gelegt.
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